Veranstaltung: | Stimmt gegen unbegrenzte Aufrüstung! Offener Brief an die Bundestagsfraktion |
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Antragsteller*in: | Sabine Hebbelmann |
Status: | Unterstützer*innen sammeln (Berechtigung: Grünes-Netz-Nutzer*innen) |
Angelegt: | 10.03.2025, 07:47 |
Offener Brief gegen unbegrenzte Aufrüstung
Antragstext
An die Bundestagsabgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen:
Stimmt gegen Grundgesetzänderungen für unbegrenzte
Aufrüstung!
Der Bundestag wurde gerade erst mit Rekordbeteiligung gewählt. Nach dieser Wahl
beantragte die künftige Regierungskoalition aus SPD und CDU zwei Sondersitzungen
des Bundestags am 13. und 18. März, bevor der neue Bundestag am 25. März
erstmals zusammentritt. In diesen Sondersitzungen sollen die erforderlichen drei
Lesungen für eine Grundgesetzänderung zur Herauslösung von Rüstungsausgaben aus
der „Schuldenbremse“ stattfinden. Wir fordern euch auf, dem entschieden
entgegenzutreten.
Die neoliberale „Schuldenbremse“ muss nicht selektiv bei sogenannten
Verteidigungsausgaben ausgesetzt werden, sondern grundsätzlich abgeschafft oder
zu Gunsten produktiver Investitionen reformiert werden, damit die von der
Bevölkerung gewählte Regierung wieder souverän über den Bundeshaushalt verfügen
und in Soziales, Bildung, Gesundheit, Kultur und die Energiewende investieren
kann.
Zur Überwindung der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Krise ist die
Ausweitung internationaler Kooperation nötig. Der Ausgang aus der
Rüstungsspirale eröffnet den Weg für friedlichen Handel und Umverteilung von
oben nach unten – hierzulande und weltweit. Dafür wirken zivilgesellschaftliche
Bewegungen weltweit. Auch viele aufstrebende Staaten des Globalen Südens reichen
den ehemaligen „führenden Industrienationen“ die Hand. Nur gemeinsam können wir
die Lebensgrundlagen erhalten und ein gutes Leben für alle erreichen. Ein bis an
die Zähne bewaffnetes Deutschland stünde dem im Wege.
Die Vorstellung, Aufrüstung und soziale Wohlfahrt könnten nebeneinander
herlaufen, ist naiv: Für „Kriegstüchtigkeit“ müssten Menschen in großer Zahl
dazu gebracht werden, all die Waffen zu bedienen, um sie im Kriegsfall gegen
ihresgleichen in Stellung zu bringen. Die Union fordert bereits die
Wiedereinführung der Wehrpflicht noch in diesem Jahr und Bayern hat ein Gesetz
verabschiedet, das Hochschulen zur Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und mit
Rüstungskonzernen zwingt. Auch die flankierenden vermeintlich zivilen
Sonderschulden in Höhe von 500 Mrd. Euro, mit denen die militärische
Verschärfung der „Schuldenbremse“ schmackhaft gemacht werden soll, erhalten in
diesem Zusammenhang eine andere Bedeutung: Die EU-Kommission plante schon 2018,
Straßen, Schienen, Häfen und Brücken in Europa auf ihre Tauglichkeit für den
schnellen Transport von Panzern und Kriegsgerät zu überprüfen.
Wenn man sich in eine Sackgasse begeben hat, gibt es nur eins: Umkehren!
Raus aus Kriegslogik, internationaler Konkurrenz und Konfrontation! Es gibt auf
diesem Feld nichts zu gewinnen und alles zu verlieren. Ihr habt jetzt die
historische Chance, die Mehrheiten zu verhindern, die nötig sind, um eine
gigantische Aufrüstung im Schnellverfahren durch den Bundestag zu peitschen.
Ziehen wir aus den jüngsten Wahlergebnissen gemeinsam Konsequenzen und wirken
gemeinsam aus Partei und zivilgesellschaftlichen Organisationen für eine echte
Reform der staatlichen Investitionsmöglichkeiten, für internationale Kooperation
und für den Beginn weltweiter Abrüstung. Dafür hat jede*r Bedeutung.
Begründung
Hintergrund „Schuldenbremse“
Die „Schuldenbremse“ wurde während der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 gegen die Stimmen der Grünen und der Linken im Grundgesetz verankert und 2020 noch verschärft.
Seitdem verbietet das Grundgesetz den Parlamenten und Regierungen in Bund und Ländern die Aufnahme neuer Kredite – dem Bund sind lediglich Kreditaufnahmen von 0,35% des BIP erlaubt, den Ländern keine. Damit wird ein wesentlicher Bereich demokratischer Entscheidungsmacht preisgegeben.
Die Schuldenbremse bewirkt, dass öffentliche Mittel fehlen, und staatliche Aufgaben vermehrt privaten Unternehmen überlassen werden. Die wiederum erwarten niedrige (Lohn-)Kosten, um am globalisierten Markt zu bestehen und Rendite zu machen. Von erfolgreicher Bereicherung auf Kosten der Lohnabhängigen profitieren schließlich die „eigenen“ Unternehmen, die mit anderen um den „attraktivsten“ Standort konkurrieren.
Länder wie die Vereinigten Staaten und Deutschland haben bei diesem Wettlauf die Nase weit vorn. Wirtschaftsvertreter fordern in jüngerer Zeit zunehmend, die durch die Schuldenbremse zum Erlahmen gebrachte Konjunktur durch eine Garantie auf staatliche „Investitionen“ für die heimische Rüstungsindustrie anzukurbeln. Auch die USA verteidigen ihren Führungsanspruch weltweit militärisch und sind entsprechend hochgerüstet, aber auch Deutschland und die Europäische Union fordern immer lauter Weltgeltung. Zurückgeführt wird dieser Anspruch allgemein auf wirtschaftliche Stärke. Doch Kräfteverhältnisse verschieben sich global. Der Konflikt um Ressourcen, Macht- und Einflusssphären, ausgetragen in der Ukraine, sollte so schnell wie möglich ein Ende finden.
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